Mit Kroatien verbindet uns mittlerweile eine Hass-Liebe. Einerseits ist es landschaftlich vielseitig, menschlich und tierisch freundlich und entspannt und eine der nächstgelegenen Möglichkeiten, von Wien ans Meer zu kommen.

Andererseits ist es in den Sommermonaten mittlerweile ein überlaufenes Touristendorf und die Preise liegen teilweise schon an der Grenze zur Unverschämtheit. Aber irgendwo findet sich immer noch ein gemütliches Plätzchen.

Liebe auf den ersten Blick

Aufgrund des stürmischen Wetters auf Murter sind wir spontan der Sonne am Wetterradar gefolgt und auf der Insel Hvar gelandet. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Zehn Tage am Stück sind wir geblieben, so lange wie nirgendwo sonst in den letzten sechs Jahren.

Der Zauber, der uns auf dieser Insel erfasst hat, ist schwer in Worte zu fassen, denn der Genuss betrifft alle Sinne. Am wenigsten die Sprache. Dennoch hier ein Versuch, unsere Begeisterung auszudrücken.

Lavendelfelder so weit das Auge reicht

Hvar gilt als die Sonneninsel Kroatiens. In Reiseführern wird sie noch als wenig touristisch beschrieben, wobei der Tourismus die letzten Jahre sichtlich auch hier zugenommen hat.

Die Hauptstraße wurde erneuert, Rad- und Wanderwege ausgeschildert und die Bauern vermarkten ihre Produkte mittlerweile auf der Insel selbst, anstatt sie aufs Festland zu verkaufen. Aber tatsächlich fühlen wir hier noch eine gewisse Exklusivität.

Konoba Zbondini in Velo Grablje

Die Menschen bemühen sich hier mit einer berührenden Herzlichkeit um jeden einzelnen Gast. Die „Konobas“ sind liebevoll dekoriert, die Speisekarten beschränken sich großteils auf regionale Gerichte, das Essen wird mit Olivenöl, Wein und Gemüse aus eigenem Anbau zubereitet. Es war so lecker, dass wir ungewöhnlich oft essen gegangen sind.

Die klassischen Touristenstände mit den immer gleichen, charmelosen Taschen, Armbändern und Hüten made in Asia sucht man hier vergeblich. Stattdessen verkaufen hier die hiesigen Bauern ihre Produkte, hauptsächlich Lavendel in allen erdenklichen Formen, aber auch Olivenöl, Honig und andere Spezialitäten.

Die gesamte Insel ist eine einzige Duftexplosion. Weit verbreitet blüht und riecht der Lavendel, Rosmarin wuchert überall am Wegesrand wie bei uns die Brennessel, die Schafgabe versprüht Curryduft, dazwischen Thymian und viele Kräuter, die wir nicht erkennen. Oft geht uns die Luft aus, weil wir vor lauter Begeisterung vergessen auszuatmen.

Vanlife meets Boatlife

Große Wohnmobile sehen wir nur vereinzelt, bis vor dem Straßenausbau war es nämlich schwierig, die engen Straßen zu erkunden, außerdem begrenzte ein zwei Meter niedriger Tunnel die Durchfahrt. Der Bauboom hält sich (noch) in Grenzen, die kleinen Buchten rund um die Insel beherbergen nur so viele Apartments wie sie vertragen. Ebenso bleiben die Tagestourist*innen, die mit Ausflugsbooten zum Baden kommen, überschaubar und reisen am späten Nachmittag wieder ab.

Mala Milna

Auf den Straßen begegnen uns hauptsächlich Fahrräder, gemietete Vespas, Quads und bunte Käfer-Cabrios. Der „Massentourismus“ spielt sich hier eher am Meer ab, in der Bucht nebenan liegen abends oft mehr Boote als Zelte auf dem Campingplatz.

Wenn man das Leben am Boot so beobachtet, unterscheidet es sich gar nicht so sehr vom Camping, nur dass es sich eben am Wasser abspielt. Die Sonne wird an Deck angebetet, Standup-Paddles sorgen für Bewegung, aufblasbare Einhörner und Flamingos für Abkühlung im Meer. Auf den Booten herrscht dasselbe Durcheinander an Zeug, wie in unserem Bus.

Die Liegegebühr wird mit einem Abendessen in einer hiesigen Konoba (dt. Taverne) beglichen. Dafür kommen die Bootsmenschen mit kleinen Motorbooten an Land, was mehr Lärm verursacht, als die nahegelegene Straße. Das ist aber der einzige Wehrmutstropfen des Wassertourismus, denn die täglichen An- und Abreisen der kleinen und großen Boote sorgen für bestes Kino direkt vor unserer Busterrasse.

Camping Milna

Apropos Bus. Unser Campingglück finden wir in Milna. Ein Campingplatz zwischen zwei kleinen Buchten, gegenüber dem kleinen Dorf Milna, wo sich ein kleiner Shop, vier Konobas und eine Bäckerei aneinanderreihen. Unser Stellplatz liegt gegenüber der Häuserreihe, direkt am Wasser zwischen schattigen Pinienbäumen.

Milna

Das Dorf ist tagsüber belebt, abends aber ruhig. Das Partyleben spielt sich in der vier Kilometer entfernten Stadt Hvar ab. Die Glocke der Dorfkirche schlägt jede Stunde die Uhrzeit, wird meistens jedoch vom Wellenrauschen verschluckt. Insgesamt hat der ganze Ort ein bisschen 70er-Jahre-Charme erhalten.

Die Welt ist ein Dorf

Mit der Zeit entwickelt sich eine angenehme Vertrautheit zu den Menschen, denen wir jeden Tag begegnen. Das ganze Dorf wirkt wie eine große Familie. Da ist die freundliche Greißlerin Dijana am Eingang zum Dorf, die in ihrem kleinen Laden alles hat, was Leib und Seele begehren. Sie wartet abends bei schon halb herunter gezogenen Rolläden noch auf die Kinder, die sich nach dem Abendessen ein Eis holen.

Ihrem Sohn Niksa Tudor gehört die Gostionica Mala Milna in der Bucht auf der anderen Seit des Campingplatzes. Die Familie sehe sich im Sommer wenig. Im Winter sei es ruhiger, Arbeit bleibe jedoch genug, denn es werden 1000 Liter Olivenöl und Wein für das Restaurant produziert.

Gleich daneben betreibt Ivica Tudor die OAZA mit angrenzendem Gemüsegarten. Durch ein gepostetes Bild erfahren wir, dass Chris und Ivica einen gemeinsamen Freund haben, der in Wien lebt und hier vor etwa 18 Jahren geheiratet hat. Mit seiner Frau führt Ivica auch das Apartment Nina im Dorf. Ivicas Bruder gehört die Konoba Mina, etwas versteckt im Olivenhain gegenüber der Kirche.

Oaza

Berti Tudor hat eine Konoba im zwei Kilometer entfernten Bergdorf Malo Grablee eröffnet. Dazu etwas später. Der Name Tudor ist in Milna weit verbreitet, die genauen Verwandtschaftsverhältnisse bleiben uns aber verborgen. Am Campingplatz werden Geschichten erzählt, wonach die Tudors einem walisischen Adelsgeschlecht abstammen.

Malo Grablje

Dann sind da noch unsere netten Campingnachbarn, eine Wiener Familie, die neben uns alles aufbaut, was unsere Outdoor-Herzen höher schlagen lässt. Sie meinen allerdings umgekehrt, wir seien mit unserem Bus und unserem dekorierten Vorgarten ihre Vorbilder. Unser gemeinsamer Nenner sind die „heiligen Hallen“ des Camping Falle in Gerasdorf bei Wien. Schön, wenn man sich gegenseitig inspirieren kann.

Egal aus welcher Nation, ob einheimisch oder reisend, zur Zeit der Fußball-WM haben alle dieselbe Abendbeschäftigung: Fußball schauen. Wenn Kroatien spielt, fiebern sogar die Fußball-Muffel mit. Bis auf einen mutigen Dänen, der sein Gesicht in eine dänische Flagge verwandelt hat, halten alle zu Kroatien. Aus dem Dorf ertönen die Jubel- oder Aaahhh-Schreie immer eine Millisekunde früher als in der Bar am Campingplatz, drüben dürfte die Internetverbindung einen Tick schneller sein. Es bleibt spannend bis zum letzten Elfmeter.

Und dann gibt es noch die Tiere, mit denen wir unseren Platz teilen. Da wären die zwei Turteltauben, die den Ast, auf dem unsere Lichterkette hängt, für sich beanspruchen und jeden Morgen die Brösel unseres Frühstücks aufpicken. Oder die streunenden Katzen, die abends Oxi´s Futternapf aufsuchen. Als Dank für die extragroße Portion schmiegen sie sich gerne an unsere Beine, bis sie den nächsten Zeltplatz erobern. Die Schwalben kündigen jeden Abend das Wetter des kommenden Tages an und die Fledermäuse halten die Insekten fern…

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Was es auf der Insel im Detail zu entdecken gibt, beschreiben wir in Teil 2: Hvar (2) – unsere Highlights