erfüllende Stille.

Es ist so still, dass wir das Rauschen in unseren Ohren hören. Süßlicher Duft steigt in unsere Nasen. Über dem Boden flimmert die Hitze. Der Himmel ist so klar, dass er unnatürlich blau erscheint. Keine Wolken, keine Flugzeugstreifen. Die farbintensive Landschaft sieht aus wie gemalt. Rund um uns ist nichts – nur unendliche Weite. Und zwei Giraffen.

Vor sieben Stunden sind wir losgefahren, auf stichgeraden Straßen Richtung Namib. Die älteste Wüste der Welt und laut Wikipedia „einer der unwirtlichsten Orte des Planeten“. Aber sicher auch einer der Schönsten. Auf den letzten 200 Kilometern sind wir keiner einzigen Menschenseele begegnet. Kein Haus, kein Auto, kein Mensch. Nur ein paar Affen, Oryx-Antilopen und Zebras. Unser Zeitgefühl ist irgendwo auf der Strecke geblieben.

Umso weiter wir fahren, umso mehr Berge werden vom Sand überdeckt. Wir haben schon länger gerätselt, was sich unter den Sanddünen befindet. Plötzlich fühlen wir uns ganz klein. In der Zeitrechnung des Universums ist unser Leben nicht mehr als ein Ameisenfurz. Überraschend beruhigend.

in der wüste

Nach 9 Stunden, 475 Kilometern und gefühlten 150 Fotostops sind wir am Ziel. Im Camp des Namib Naukluft Nationalparks, am Eingang zur Wüste. Wieder bekommen wir einen großen Stellplatz mit großem Baum, in dem ein Gecko wohnt, drei Mülltonnen (auch in der Wüste wird Müll getrennt), Wasser- und Stromanschluss, einem Grillplatz und einer tollen Aussicht auf Berge, Sand und umherziehende Oryx-Antilopen. Die quietschenden Siedelweber begrüßen uns zahlreich. Es ist so trocken, dass die gewaschenen Haare in fünf Minuten staubtrocken sind.

Apropos Staub. Sandstaub gehört zum Namibia-Package wie Salz zum Meer. Wer Sand oder Staub nicht mag, sollte lieber ein anderes Land wählen. Die schönen Turnschuhe, das weiße T-Shirt, die Sonnenbrille, die Kamera – nichts bleibt von den feinen Körnern verschont. Schon gar nicht das Auto und die Campingausrüstung. Nach dem ersten Tag hören wir auf, die Staubschicht wegzuwischen. Sie gehört einfach dazu. Genauso wie das staubig-trockene Gefühl auf den Händen. Spätestens auf den Sanddünen bekommt man sowieso den Drang, sich in der riesigen „Sandkiste“ zu wälzen 🙂

Sunrise auf der Düne 45

Wer innerhalb des Nationalparks nächtigt, darf das Tor zu den Dünen eine Stunde vor Sonnenaufgang passieren und bis eine Stunde nach Sonnenuntergang bleiben. Für alle anderen gelten Sonnenaufgang und -untergang als Öffnungszeiten. Unser Wecker läutet um 5 Uhr, es ist noch stockdunkel. Rund um uns werden schon lautlos die Dachzelte eingeklappt. Vor dem Eingangstor sammelt sich eine kleine Karawane. Wenn man das grandiose Farbenspiel bei Sonnenaufgang erleben will, zählt jede Minute.

Auf einer perfekt asphaltierten Straße geht es 45 Kilometer geradeaus Richtung Dünen. Erlaubte Geschwindigkeit: 60km/h. Daran hält sich niemand. Auf der linken Seite beginnen schon die Berge gelb zu schimmern. Bei der Düne angekommen folgt der Aufstieg, rund 170 Höhenmeter. Klingt wenig, ist aber verdammt anstrengend. Wir balancieren am Grad entlang, links und rechts geht es ziemlich steil hinunter. Am Anfang ist es noch kühl, aber mit der aufgehenden Sonne wird es schnell heiß.

Das Licht ist traumhaft, die Schatten und damit auch die Farben verändern sich rasch. Chris entdeckt beim Fotografieren eine Familie Wüstenschakale. Eine Zeitlang blicken wir daher gebannt in den Schatten, während die anderen der Sonne entgegen schauen. Um 9 Uhr ist das Schauspiel vorbei, die Sonne ist schon sehr grell und der Boden beginnt wieder zu flimmern.

Düne 45.

Oryx-Antilope.

Auf der Suche nach Wasser im Sesriem Canyon

Vier Kilometer vom Camp entfernt liegt der Sesriem Canyon. Völlig ausgetrocknet, aber in der Regenzeit sammelt sich mitunter Wasser in kleinen Becken, in denen man sogar schwimmen kann. Steht zumindest im Reiseführer. Da wir noch nicht wissen, dass es das letzte Mal vor fünf Jahren geregnet hat, packe ich die Badesachen in den Rucksack. Chris kann sich das Lachen nicht verkneifen. Zurecht, denn hier gibt es definitiv keinen einzigen Tropfen Wasser. Am späten Nachmittag ist es noch so heiß, dass das Gehen schwer fällt. Immerhin habe ich im Gegensatz zu Chris eine Flasche Wasser dabei. Jetzt schmunzle ich, teile aber trotzdem gerne. Jedenfalls ist der Canyon auch ohne Wasserbecken einen Besuch wert.

Sundowner auf der Düne Elim

Gleich hinter dem Eingangstor zur Wüste befindet sich eine kleinere Düne namens Elim. Sie wird uns zum Sonnenuntergang empfohlen. Im Fotorausch kommen wir aber nicht weit. Vor allem die unterschiedlichen Oberflächen faszinieren uns. Weicher Sand, glatte Ebene, rauhe Berge – das Panorama wirkt wie eine zusammengeklebte Collage. Barfuß gehen ist hier leider nicht möglich, denn die Pflanzen haben dicke Stacheln, die sich auch durch die Flip Flops bohren. Und die Riesenameisen mit ihrem weißen pelzigen Hinterteil sind nicht besonders vertrauenserweckend.

Düne Elim.

Durch den Nebel ins Deadvlei.

Am zweiten Tag in der Wüste kommen wir zum Highlight, ins Deadvlei. Wieder stehen wir um 5 Uhr Früh auf, um die 60 Kilometer rechtzeitig bis zum Sonnenaufgang zu schaffen. „Vlei“ heißt übrigens auf Afrikaans Sumpf oder wie hier Salz-Ton-Pfanne. Die letzten fünf Kilometer führen über reinen Sand und sind nur mit einem Allrad-Fahrzeug befahrbar. Luft aus den Reifen lassen und genug Gas geben, um nicht stecken zu bleiben. Die besondere Herausforderung ist dabei der dichte Nebel, der uns umgibt.

An unserem Ziel stehen vier Autos. Aber alle Menschen sind weg und weit und breit steht kein Wegweiser. Den hätten wir wahrscheinlich auch nicht gesehen, wenn er da gewesen wäre, denn der Nebel ist immer noch dicht. Ein zufällig vorbeikommender Parkranger empfiehlt uns den Spuren im Sand zu folgen. Er macht sich Sorgen um die Touristen: „Some people get lost in the fog.“ Dank ihm finden wir den richtigen Weg.

Der Nebel sorgt für eine mystische Stimmung. Manche dieser abgestorbenen Kameldornbäume oder Akazienbäume, je nach Quelle, sind 500 Jahre alt. Mit uns wartet ein japanisches Hochzeitspaar samt Fotocrew auf die Sonne. Nach einer Stunde kommen die ersten blauen Himmelflecken und ein Regenbogen zum Vorschein. Plötzlich eröffnet sich das gesamte Panorama um uns herum. Neben uns erhebt sich „Big Daddy“ oder auch „Crazy Dune“ genannt, eine der höchsten Dünen der Welt mit bis zu 350 Höhenmeter.

Wir haben drei Nächte in der Wüste verbracht und hätten noch mindestens eine Weitere gebraucht, um auch die anderen Sehenswürdigkeiten wie das Sossusvlei mit der „Big Mama“ zu sehen. Es lohnt sich jedenfalls die einzigartige Landschaft auf alle Sinne wirken zu lassen, anstatt nur ein Hakerl auf der To-See-Liste zu machen.


Weiterlesen

Namibia (1): Das erste Mal in Afrika

Namibia (2): Tierische Begegnungen

Namibia (4): zurück zum Anfang

Links & Infos

Infos über die Dünen: https://sossusvlei.com

Sesriem Camping: http://www.nwrnamibia.com/sesriem.htm

Unsere Route und unsere Campingplätze findest du auf der Karte. Einfach Zeltsymbol anklicken.